Nürnberg - Mehr Klimaschutz ist dringend notwendig, doch ein gutes Heizungsgesetz muss auch sozial ausgewogen sein. Wer da die Bürger nicht mitnimmt, riskiert nach Ansicht von NN-Redakteur André Ammer einen weiteren Rechtsruck der Gesellschaft.

Heizungsbauer, Energieberater und auch Immobilienmakler sind normalerweise in der Welt der Zahlen und technischen Fakten zuhause, doch zurzeit fühlen sich viele von ihnen eher als eine Art Therapeut. Das unausgegorene Gebäudeenergiegesetz, das ja kurz vor der Sommerpause des Parlaments vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden war, hat viele Immobilienbesitzer massiv verunsichert. Die nachträglich verlängerten Übergangsfristen für Bestandsbauten in Wohngebieten haben nicht wirklich zur Beruhigung beigetragen.

Ob junge Familien auf Nestsuche oder ältere Menschen, die mit dem Verkauf ihres bisherigen Eigenheims ihren Ruhestand finanzieren wollen - in den vergangenen Wochen und Monaten platzten reihenweise Lebensentwürfe, weil nicht nur Inflation und hohe Kreditzinsen, sondern auch immer neue Vorschriften das Bauen immer teurer machen. Die Debatten um das Heizungsgesetz haben außerdem dafür gesorgt, dass viele Bestandsbauten, die energetisch nicht auf dem neuesten Stand sind, massiv an Wert verloren haben.

Enorme finanzielle Belastung

Der vom Klimaschutz getragene Grundgedanke des Heizungsgesetzes, den CO2-Ausstoß von Gebäuden zu senken, ist ja absolut sinnvoll. Für viele Menschen, bei denen die Hausfinanzierung oft auf Kante genäht ist, stellen die nun erst einmal auf Eis gelegten Pläne aber eine enorme finanzielle Belastung dar. Da ist die nachgereichte Zusicherung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, dass es großzügige Fördermittel geben werde, nur ein schwacher Trost.

Manche von dem einen oder anderen Energieberater empfohlenen Sanierungsmaßnahmen werden sich erst nach Jahrzehnten amortisieren. Da werden Lösungen ins Gespräch gebracht, die von der CO2-Bilanz her zwar den größtmöglichen Effekt bringen, bei denen der finanzielle Aufwand aber in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht. Dass die Branche der Energieberater keinen allgemein gültigen beruflichen Standards oder Regelungen unterliegt, ist in einer solchen Situation ein Unding. Schließlich kann eine schlechte Beratung Hausbesitzern gewaltige finanzielle Schäden bescheren.

Auch bei den Heizungsbauern herrscht Fachkräftemangel

Und dann ist da noch die Frage, wer eigentlich all die neuen Wärmepumpen installieren soll. Gerade die Heizungsbauer-Branche leidet unter einem erheblichen Fachkräftemangel, und die gestiegene Nachfrage hat zu einer Materialverknappung und zu kräftig gestiegenen Preisen geführt.

Zudem droht bereits neues Ungemach, denn die EU-Kommission diskutiert über neue Richtlinien zur energetischen Sanierung. Sollten die Pläne so umgesetzt werden, müsste bis 2033 jedes Haus die Energieklasse D erfüllen. In Deutschland wäre dann der Großteil der Bausubstanz sanierungsbedürftig. In ärmeren Regionen, in denen Hausbesitzer oft noch nicht mal das Geld für Instandsetzungsmaßnahmen haben, wären weitere teure Auflagen sozialer Sprengstoff - und eine Steilvorlage für die AfD.