
Vor 31 Jahren hat sich die Sowjetunion aufgelöst, seitdem ist die Ukraine ein unabhängiges Land. Genau zum diesjährigen Nationalfeiertag am 24. August herrscht dort seit sechs Monaten Krieg. Wie die ukrainische Gemeinde in Erlangen mit dem Tag umgeht, weiß Tetyana Chernikova. Sie lebt seit 2011 in Erlangen und betreut den Ukraine Treff Erlangen in der Henkestraße.
Was bedeutet Ihnen der Unabhängigkeitstag in diesem Jahr?
Der Tag ist heuer anders, weil mein Land gerade gezwungen ist, seine Unabhängigkeit und Existenz militärisch zu verteidigen. Feiern können wir in diesem Jahr deshalb nur bedingt, denn es werden jeden Tag Hunderte unserer Landsleute von den Russen getötet, Millionen Schicksale sind betroffen. Gleichzeitig ist gerade dieser Tag besonders wichtig und wir wollen ihn gemeinsam verbringen. Statt einem Fest planen wir eine Veranstaltung am Erlanger Rathausplatz von 18 bis 21 Uhr. Dabei wollen wir auf die Situation in der Ukraine aufmerksam machen.
Werden Sie den Tag auch klassisch feiern?
Wir werden feiern, nachdem die Ukraine den Krieg gewonnen hat. Dann laden wir alle Menschen, die Demokratie und Freiheit schätzen, ein, mit uns zu feiern. Wir nutzen den heutigen Tag, um auf unserer Veranstaltung klar zu sagen: "Wir sind da. Unsere Freiheit wird uns Russland nicht nehmen. Aber die Ukraine braucht weiterhin eure Unterstützung."
Was passiert heute am Rathausplatz?
Unsere Kindergruppe tanzt, viele Ukrainerinnen und Ukrainer werden Musik spielen, singen, und es wird eine Kundgebung geben. Geplant sind außerdem eine Menschenkette, ein Benefizverkauf und eine Fotoausstellung mit Bildern aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol.
Sie stehen in engen Kontakt mit den ukrainischen Familien, die nach Erlangen geflohen sind. Wie geht es Ihnen an diesem Tag?
Fast alle, die ich kenne, werden am Rathausplatz zusammenkommen. Es ist sehr wichtig, dass wir an diesem Tag nicht allein bleiben.
Gibt es Geflüchtete, die derzeit wieder in die Ukraine zurückkehren?
Ja, davon gibt es einige. Es sind vor allem Menschen, die aus Regionen kommen, die derzeit nicht regelmäßig beschossen werden. Kiew zum Beispiel, dort ist es derzeit ruhiger als zu Kriegsbeginn im April. Aktuell sind etwa 1500 Leute in Erlangen. Die Zahl bleibt konstant, da immer wieder neue Leute ankommen. Das sind vor allem Familienangehörige von Menschen, die bereits hierher geflohen sind.

