
Der Mittelständler aus Buttenwiesen im schwäbischen Landkreis Dillingen gilt als Vorreiter an verschiedenen Fronten der Energiewende. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) pflegt den Kontakt zu dem Unternehmen und seinen beiden Gründern, die ursprünglich aus der Landwirtschaft kommen.
Auch der Ansatz für Ellingen ist für die Region neu und überraschend. Eine gigantische Wärmepumpe soll die Stadt in Zukunft beheizen. Im Grunde will man Schulen, Kindergarten, Altenheim, Rathaus und Privathäuser in Zukunft mit Strom und der Energie der Umgebungsluft warm bekommen. Die Geräte funktionieren wie ein umgekehrter Kühlschrank: sie entziehen der Luft Energie, nutzen sie für das Erwärmen von Wasser und geben die kalte Luft wieder ab.
Abwärme von Hetzner Online?
Für eine Kilowattstunde Energie, die man in die Wärmepumpe steckt, bekommt man etwa 2,8 Kilowattstunden an Wärmeenergie heraus, rechneten die Planer vor. In Ellingen könnten das Verhältnis aber besser aussehen. Und zwar dann, wenn man im Falle einer Realisierung des Rechenzentrums von Hetzner Online dessen Abwärme nutzt. Das könnte den Wirkungsgrad deutlich erhöhen, rechneten die Planer vor. Ein Verhältnis von 1:3,8 sei vorstellbar.
Ellingens Bürgermeister Matthias Obernöder (CSU) hatte Kontakt zu GP Joule aufgenommen, nachdem er eine Präsentation des Unternehmens gesehen hatte. Hintergrund dürfte die viel diskutierte Hetzner-Online-Ansiedlung sein, deren gewaltiger Energieverbrauch immer wieder Thema ist. Diese für die Stadt und die Bürger zu nutzen, würde nicht nur das Projekt umweltfreundlicher machen, sondern auch dafür sorgen, dass die Ellinger Bürger davon direkt etwas haben.
Die Vorstellung von GP Joule im Stadtrat brachte noch keine Ergebnisse, wie spannend das in wirtschaftlicher Hinsicht für Bürger und Stadt sein könnte – konkrete Wärmepreise gibt es erst nach einer tiefergehenden Berechnung des Netzes im nächsten Schritt. Sehr wohl einschätzen ließ sich allerdings, dass der erhöhte Wirkungsgrad von rund 30 Prozent ein spannender Vorteil sein kann.
Und: dass man selbst, wenn sich alle Ellinger in Zukunft auf diese Weise beheizen lassen würden, die Hetznersche Abwärme nur zu einem Bruchteil weggenutzt würde.
Eine Art Stromspeicher für erneuerbare Energien
Etwa zwei Prozent der Abwärme des Rechenzentrums würden für ein Nahwärmenetz gebraucht, das die öffentlichen Gebäude der Stadt anschließt, hieß es seitens GP Joule. Der Anteil würde natürlich steigen, wenn mehr Privatnutzer dazukämen, aber es bliebe immer nur ein verhältnismäßig kleiner Bruchteil.
Grundsätzlich sei ein Wärmenetz auch ganz ohne Hetzner-Abwärme denkbar und mache energiepolitisch Sinn. Im Grunde können die bestromten Nahwärmenetze eine Art Stromspeicher für erneuerbare Energien sein, erklärten die Planer. Man ziehe nämlich gerade dann Strom zur Erwärmung des Wassers, wenn es Überschuss gebe. Etwa bei starkem Wind in der Nacht, an heißen Sommertagen etc. Und Wärme sei viel leichter zu speichern als Strom.
Wobei die Frage ist, wieviel Strom man überhaupt aus dem Netz bräuchte, denn die bevorzugte Variante aus Sicht von GP Joule wäre ein eigenes Photovoltaik-Feld. Mit dessen Ertrag ließe sich dann im Selbstverbrauch das Wasser erhitzen. Nur wenn die Pufferspeicher voll seien, würde man ins Netz einspeisen. Im Stadtrat sprach man von einer benötigten Flächen von rund fünf Hektar.
Zusammenarbeit mit lokalen Stromerzeugern
Es sei aber auch möglich, mit lokalen Stromerzeugern zusammenzuarbeiten. Grundsätzlich sei man bei der Wahl der Energiequelle für das Nahwärmenetz aber „energieoffen“, betonten die Planer.
„Der Wert eines Nahwärmenetztes liegt in der Leitung.“ Hier entstünden 70 bis 80 Prozent der Kosten. Im Stadtrat wurde das Konzept nach einigen Verständnisfragen nicht weiter diskutiert und auch keine Entscheidung getroffen. Gut möglich, dass dieses Thema auch in Detailverhandlungen mit Hetzner Online eine Rolle spielt, da das Unternehmen ja mit einem 35 Hektar großen Solarpark zur Stromerzeugung plant.
