PEGNITZ - Schlaflose Nächte und jede Menge Aufregung gab es für eine 81-jährige Pegnitzer Rentnerin, bei der telefonische Trickbetrüger sogar zweimal vorstellig wurden und sie am Schluss eindeutig bedrohten.

Mittlerweile gab es in Pegnitz mindestens drei telefonische Betrugsversuche, auch als "Enkeltrick" bekannt. Vom für solche Fälle zuständigen Fachkommissariat der Kriminalpolizei in Bayreuth wird ermittelt.

Die 81-jährige Pegnitzer Seniorin dachte nichts Böses, als bei ihr am Mittwoch der Vorwoche gegen 12.15 Uhr das Telefon klingelte. "Beim ersten Anruf meldete sich eine Frau Ellenberg, die angeblich bei der Polizei in Pegnitz arbeitet", erinnert sich das Betrugs-Opfer.

"Räuberpistole" erzählt

Die Unbekannte schilderte bei dem rund halbstündigen Telefonat eine regelrechte Räuberpistole. Angeblich habe die Polizei zwei Jugendliche mit Kontoauszügen der betagten Dame erwischt. Der dritte kriminelle Jugendliche wäre jedoch entkommen. Deshalb bestehe Gefahr für Bankguthaben sowie Schmuck und Wertsachen der solcherart heimgesuchten Seniorin.

Suche nach Wertsachen

Unverhohlen fragte die fremde Frau bei dem Anruf in Pegnitz: "Haben Sie ein Schließfach?" Und wenige Augenblicke später: "Haben Sie Festgeld zwischen 50 000 und 80 000 Euro?" Die jeweiligen Antworten blieb die Pegnitzerin aber schuldig.

Doch die unbekannte Telefonbetrügerin ließ nicht locker. Um Geld und Wertsachen der Rentnerin zu sichern, solle sie diese an zwei angebliche Polizeibeamte übergeben. "Zwei Polizisten kommen bei Ihnen vorbei", wurde angekündigt. Die Anruferin nannte dafür deren natürlich falsche Namen. Die Männer sollten zuvor abgehobene Geldbestände der Rentnerin aus Sicherheitsgründen übernehmen.

Aber darauf ließ sich die 81-Jährige nicht ein und legte einfach auf. Stattdessen rief sie bei der Pegnitzer Polizei an und schilderte dort den ganzen Vorfall. "Ich war natürlich geschockt", erinnert sie sich.

Der diesmal wirkliche Pegnitzer Polizist versuchte am Telefon die aufgeregte Dame zu beruhigen. Er kündigte den Besuch von zwei Polizisten in Zivilkleidung an, um sich noch einmal alles genau schildern zu lassen und eine Strafanzeige aufzunehmen.

Blumenname als Codewort

Der Polizeibeamte ging aber auch auf die Frage der besorgten Seniorin ein "Wie erkenne ich denn, dass das die richtigen Polizisten sind?". Deshalb wurde als Codewort der Name einer Blumensorte vereinbart. Und so geschah es auch. Bevor die Zivilbeamten das Haus der Seniorin betraten, nannten sie den Blumennamen als "Eintrittskarte".

Aber damit waren die Aufregungen der Rentnerin noch lange nicht beendet. Genau eine Woche später, wieder an einem Mittwoch, meldete sich die Telefonbetrügerin erneut bei der Seniorin. Nach der aus Sicht der Verbrecher missglückten Geldübergabe verstieg sich die Anruferin sogar zu der Drohung "Wir kennen Ihre Adresse und brechen bei Ihnen ein."

Von der Polizei erhielt die Pegnitzerin zwischenzeitlich die Auskunft: "Kein Einbrecher kündigt vorher seinen Einbruch an." Sie solle sich daher keine Sorgen machen. Außerdem würden Polizeistreifen regelmäßig im Wohnviertel der Seniorin nach dem Rechten sehen – auch zu nächtlicher Stunde.

Aufmerksamer Untermieter

Wirklich beruhigt hat sie dieser behördliche Beschwichtigungsversuch aber nicht. In regelmäßigen Telefonaten mit der weit entfernt lebenden Tochter besprach sie das weitere Vorgehen. Der im gleichen Haus lebende Untermieter versprach, künftig besonders gut aufzupassen.

Wirklich überrascht wurde sie aber bei einem Klassentreffen, das am Wochenende zwischen beiden bedrohlichen Anrufen stattgefunden hatte. Dort berichtete ihr eine Schulfreundin, dass es die telefonischen Trickbetrüger mit einer ähnlichen Masche auch bei ihr versucht hätten.

Aber bei diesem Anruf ließen sich die Betrüger etwas Neues einfallen. Das Telefonat war fast wie ein Kriminal-Hörspiel inszeniert. "Oma, Oma", weinte eine junge Mädchenstimme in bestem Deutsch ins Telefon. Auch bei diesem Freitagsanruf hatte die Angerufene, eine 80-jährige, eigentlich taffe Pegnitzer Geschäftsfrau, keine Sekunde zum Überlegen.

Tödlicher Unfall

"Ich habe den Hörer abgehoben, und schon ging es los", schildert sie den Betrugsversuch. Angeblich habe die – tatsächliche vorhandene – Enkelin im Teenager-Alter in Bayreuth als Fußgängerin einen tödlichen Unfall verursacht. So die Schilderung eines vorgeblichen Polizisten von einem nicht existenten Revier 16. "Sie ist bei Rot über die Fußgängerampel gegangen", hieß es am Telefon.

Wegen dieses Verkehrsverstoßes sei eine Autofahrerin mit Kleinkind im Auto schnell ausgewichen und gegen ein Hindernis geprallt. Fahrerin schwer verletzt, Kind tot. Wie ein "Staatsanwalt Dr. Hofer" mitteilte, drohe der Enkelin nun "wegen Totschlags" eine langjährige Haftstrafe.

Diese könne nur gegen Zahlung einer hohen Sicherheitsleistung von 85 000 Euro abgewendet werden. "Was glauben die, wie viel Geld ich daheim rumliegen habe", zeigt sich die 80-jährige Frau jetzt noch empört. Ihre übliche Barschaft reiche nur dafür aus, "um einzukaufen".

Worauf der "Staatsanwalt" seine Strategie änderte und die Frau nach "anderen Wertgegenständen" ausforschen wolle. Als Beispiel nannte er "Goldschmuck oder eine Münzsammlung". Das Telefon-Opfer berichtet: "Da wurde mir endgültig klar, dass mit dem Anruf etwas nicht stimmt, denn welcher Staatsanwalt fragt einen nach seinen Wertsachen?"

Deshalb beendete sie das Gespräch sofort und legte auf. Anschließend wählte sie die Telefonnummer der Pegnitzer Polizei und erstattete auch Anzeige.

Rückblickend meint die frühere Geschäftsfrau: "Bei den ständigen Warnmeldungen der Polizei zum Enkeltrick habe ich mir immer gedacht: Wie können die Menschen so blöd sein, darauf reinfallen und Geld überweisen?" Nie hätte sie sich vorstellen können, dass es Telefonbetrüger einmal auch bei ihr versuchen könnten.

Von einem Polizisten wurde die 80-Jährige aufgeklärt, dass "die meisten solcher Anrufe aus der Türkei, aus Russland oder Indien kommen". Wer dann von den Opfern versuchsweise die Rückruftaste bei den gespeicherten Telefonnummern drücken wolle, stelle fest: "Die Telefonnummer existiert gar nicht."

Alte Vornamen als Indiz

Überzeugung der Geschäftsfrau im Ruhestand: "Die müssen mich vorher ausgekundschaftet haben." Hilfreich für solche betrügerischen Anrufer sei, wenn im Telefonbuch neben dem Familiennamen noch ein inzwischen aus der Mode gekommener weiblicher Vorname wie "Frieda" oder "Gerda" stehe. Denn dann müsse es sich um eine alte Frau handeln.

Bei ihrem Pegnitzer Klassentreffen waren die beiden Damen die einzigen, die solche telefonischen Betrugsversuche schilderten. "Die haben im Moment Pegnitz auf dem Kieker", glaubt die 80-Jährige.