Nürnberg - Schmerz. Leid. Schock. Oder auch schlichtweg Ärger über hohe Folgekosten. Ein Unfall geht mit vielen Emotionen einher. Einmal im Jahr fasst die Polizei die Unfälle sachlich zusammen und zeigt die Statistik dazu auf. Blanke Zahlen sind es. Die aber nicht verhehlen sollen, was alles dahintersteckt.

Daran erinnerte Polizeivizepräsident Adolf Blöchl bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik 2021 für Mittelfranken immer wieder. Denn sobald es um Ziffern geht, rücken Einzelschicksale in den Hintergrund. 46 799 – so viele Verkehrsunfälle ereigneten sich im Jahr 2021 auf mittelfränkischen Straßen. Routineaufgaben für die Beamten vor Ort, manchmal. Und dann wieder auch Fälle, die sie mit in den Feierabend oder in die folgenden Tage nehmen.

2020 taugt kaum zum Vergleich

46 799 – was sagt diese Zahl aus? Im Vergleich zum Vorjahr sind es mehr Unfälle, sagt Blöchl bei der Pressekonferenz im Dienstgebäude am Richard-Wagner-Platz. Nur sei das Jahr 2020 kein guter Vergleichswert: In der Hochphase der Pandemie war die Mobilität doch stark eingeschränkt. Also besser den Wert aus dem Jahr 2019 zum Vergleich heranziehen. Und da zeigt sich: Von damals 54 107 ist die Zahl der Unfälle im vergangenen Jahr um 7308 Fälle gesunken. Blöchl: „Das bestätigt eine seit Jahren positive Entwicklung.“
Erfreulich sei auch, dass im Vorjahr bei diesen Unfällen deutlich weniger Menschen verletzt wurden als im Vergleichszeitraum: 7372 Verletzte wurden für das Vorjahr registriert. Weniger als 2020 – und mit Blick auf das Jahr 2019 sogar 1582 weniger Verletzte.

Alarmglocken schrillten

enforcement
© Stefan Hippel, NN

Bei der folgenden Zahl wird Blöchl sehr ernst. „Jeder Einzelne ist hier einer zu viel“, sagt er – und nennt die Fakten: 67 Menschen sind im Raum Mittelfranken bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Eine Zahl, die sich auf dem gleichen Niveau befindet wie 2019.
Noch im Erfassungszeitraum 2021 habe die Polizei hierbei Alarmierendes festgestellt: Es gab eine signifikante Zunahme tödlicher Unfälle
auf Landstraßen in den westlichen Landkreisen des Regierungsbezirkes, in Ansbach und Weißenburg etwa. Ursache Nummer eins: überhöhte Geschwindigkeit.
Über die Gründe für das verhängnisvolle Rasen lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise waren es die pandemiebedingt freieren Landstraßen, die viele Fahrer zu einem überhöhten Tempo verleitet haben. Fest stand für die Polizei, dass sie sofort entgegentreten müsse.

Schnell reagiert

Raser
© imago images/Jochen Tack, NN

So verstärkte man ab April 2021 die Präsenz in den betroffenen Landkreisen und steigerte die Kontrollen durch Lasermessungen oder den mobilen Anhänger („Enforcement Trailer“). Über soziale Medien wie „Facebook“ appellierten Beamte an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer. Insgesamt, so Blöchl, sei man dabei überwiegend auf Verständnis gestoßen. „Wer weiß, wie viele Opfer wir ohne diese Aktion zu beklagen hätten.“
Alkohol war bei insgesamt 571 Unfällen im Spiel, Drogenkonsum konnten die Beamten bei 73 Unfällen nachweisen.
Gute Nachrichten gab es bei den Fahrradfahrern, dort gehen die Unfallzahlen zurück: 2067 Unfälle gehen hier in die Statistik ein. Und doch gibt es auch hier erschreckende Informationen: Sieben Radfahrer wurden tödlich verletzt – und fünf dieser Opfer waren mit elektrischer Unterstützung (E-Bikes oder Pedelecs) unterwegs. Experten sehen hier schon lange eine Gefahr, weil auch Ungeübte mühelos damit Geschwindigkeiten erreichen, für die ihnen schlichtweg die Erfahrung fehlt. Adolf Blöchl rät in jedem Fall, einen Helm zu tragen.
In der scheinbar anonymen Großstadt Nürnberg gibt es ein besonderes Problem, auf das Polizeidirektor Ingo Lieb im Rahmen der Pressekonferenz hinweist: Fahrerflucht. Bei den gesamt 12 245 Unfällen im Stadtgebiet haben 2719 Beteiligte das Weite gesucht. „Kein Kavaliersdelikt“, betont Lieb und rät dringend, am Unfallort zu bleiben, bis die Personalien aufgenommen sind.
Schulwegunfälle gibt es mit 13 halb so viele wie noch 2017 und 2018. Die fortgesetzte Aufklärungsarbeit wie die Puppenbühne soll diese Zahl weiter sinken lassen.