
Das Luxushotel Schloss Elmau am Fuße des Wettersteingebirges im Landkreis Garmisch-Partenkirchen ist normalerweise ein Hort der Ruhe. Mit dem "wohltuenden Klang der Stille & rauschender Bäche in einem weiten & geschützten Hochtal" und einem "Gefühl von grenzenloser Freiheit & Geborgenheit" wirbt das Haus auf seiner Webseite. Weltberühmt wurde es als Schauplatz des G7-Gipfels 2015, im Sommer werden die G7-Staaten unter der Leitung von Bundeskanzler Scholz hier wieder tagen.
In der Silvesternacht gehört ein imposantes Feuerwerk im Fünf-Sterne-Hotel jedoch traditionell dazu, inklusive aller Begleiterscheinungen. Nachdem es letztes Jahr pandemiebedingt ausfallen musste, wurde dieses Jahr wieder eine Pyroshow von einem Spezialisten aus Peißenberg eingekauft - und natürlich auch gezündet. Lokale Tierschützer reagierten geschockt, befindet sich das Schloss doch in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehreren Naturschutzgebieten.
Wichtiger Rückzugsort für Vogelarten
Nordbayern.de sprach mit dem Vorsitzenden des Landesbunds für Vogelschutz in der Regionalgruppe Garmisch-Partenkirchen/Weilheim-Schongau. Bei Hans-Joachim Fünfstück hinterlässt das abgebrannte Feuerwerk nur großes Staunen: "Das Ganze ist gelinde gesagt überflüssig wie ein Kropf."
Fünfstück liegen vor allem die Vögel, die im Elmauer Talkessel leben, am Herzen. "Dort oben nisten viele Auerhühner. Die sind auf der Roten Liste der Brutvögel Bayerns und vom Aussterben bedroht", erklärt der Naturschützer. Die Tiere werden durch das Feuerwerk während ihrer Notzeit im Winter aufgeschreckt und steigen in die Höhe, wo sie konfus umherirren. Radaruntersuchungen bei verschiedenen Wildvögelarten wie der Kohlmeise beweisen dies. Die Anstrengung kostet viel Kraft, welche die Fortpflanzung im Frühjahr beeinträchtigt und final die Brut gefährden kann.
Die an das Hotel angrenzenden Mittenwalder Buckelwiesen sind ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) und damit besonders schützenswert. Das Gebiet ist wichtige Brutstätte für Arten wie die Goldammer oder Haselhuhn. All diese Vögel leben laut Fünfstück in einem Umkreis von einem Quadratkilometer um das Hotelareal. Darüber hinaus ist es nahe dem Europäischen Vogelschutzgebiet Schachen und Reintal gelegen.
"Ich finde ein so großes Feuerwerk einfach nicht mehr zeitgemäß und es gibt so schöne Alternativen", sagt Fünfstück. Unten im Tal in Garmisch-Partenkirchen gab es zum Beispiel eine Lasershow anstatt lautem Geböller.
Die Diskussion um Sinn und Zweck von opulenten Feuerwerken ist nicht neu. Standen früher Argumente wie Tierschutz, Luftverschmutzung oder die Feinstaubbelastung an erster Stelle, ist durch die Corona-Pandemie auch die Entlastung der Notaufnahmen und somit des Personals auf den Intensivstationen in den Fokus gerückt. Aus diesem Grund erließen Bund und Länder im Dezember ein Verkaufsverbot für Feuerwerk.
Betreiber bleibt uneinsichtig
Doch was sagt der Betreiber zu den Vorwürfen?
Dieter Müller-Elmau, im Juni zum zweiten Mal Gastgeber des G7-Gipfels, ist sich keiner Schuld bewusst. Im Gespräch mit dem Münchner Merkur lässt er verlauten, das Feuerwerk sei klein und bescheiden gewesen und wirkte nur so groß, weil es in der Umgebung wenige andere Raketen gab.
Außerdem erhellte die Pyrotechnik auch andernorts, beispielsweise in Berlin oder München, den Nachthimmel.
Die Kritik von Fünfstück lässt Müller-Elmau kalt. "Der Naturschutz sagt viel, aber es ist deshalb noch kein Hirsch gestorben", behauptet der 67-Jährige. Wenn es anders wäre, würde er reagieren. Der Erhalt der Natur und Einklang mit der Umgebung seien ihm und dem gesamten Team äußerst wichtig. Mit dem Feuerwerk, ist er überzeugt, "haben wir für keinen Schaden gesorgt".

