Eine neue Heimat für Nürnbergs Kulturszene? Ein Rundgang durch den alten Nazi-Klotz am Dutzendteich
15.11.2021, 18:09 Uhr
Soll die Kongresshalle für die Kulturszene der Stadt geöffnet werden? Platz für die in Nürnberg so dringend benötigten Ateliers, Werkstätten, Probe- und Ausstellungsräume wäre in dem riesigen Bau am Dutzendteich reichlich. Die Stadt Nürnberg lud zum Rundgang, wir waren mit der Kamera dabei.

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1/19 - 39 Meter hoch, 275 mal 265 Meter groß, allein die Innenfläche so groß wie sieben Fußballfelder: Ihren Prachtbau auf dem geplanten Reichsparteitagsgelände haben die Nazis in verschwenderischer Größe geplant – und nie fertiggestellt. Das Dokument des Scheiterns steht heute unter Denkmalschutz. 80 000 leerstehende Quadratmeter im Inneren sollen nun für die Kulturszene der Stadt geöffnet werden. Darüber will die Stadt mit den Bürgerinnen und Bürgern reden – und bietet im Winter 2021 verschiedene Veranstaltungen an ... © imago images

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2/19 - ... zum Beispiel Führungen durch die Kongresshalle - zu Orten, wo man sonst nicht hinkommt. Dafür haben sich die Kreativen der Stadt lustige Überschriften ausgedacht wie "Try out Kongresshalle" oder "Open up Kongresshalle". © Michael Matejka

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3/19 - Die Kongresshalle in Nürnberg ist – nach dem ebenfalls unvollendet gebliebenen KdF-Seebad Prora auf Rügen – der zweitgrößte erhaltene nationalsozialistische Monumentalbau in Deutschland. Für den Bau ab 1935 mussten der Tiergarten, ein Naherholungsgebiet und der beliebte Leuchtturm am Dutzendteich weichen. Drinnen steht erstaunlich viel leer. Viele Räume sind seit Jahren und Jahrzehnten ungenutzt. © Michael Matejka

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4/19 - Blick in den Innenhof, der nie als Innenhof gedacht war. Ursprünglich sollte es ja eine Halle werden – alles nochmal 30 Meter höher und komplett auf den Führer ausgerichtet. © Michael Matejka

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5/19 - Die Bausubstanz ist gut, gleichwohl ist der nie vollendete Nazibau am Dutzendteich seit 80 Jahren ein Rohbau: Kein Wasser, keine Heizung, nur notdürftig Strom. In den kommenden Jahren muss die Stadt hier aber so oder so ran: Das Dach ist undicht, die einfach-verglasten Fenster sind aus den späten 1940er Jahren. Die Fassade des Innenhofs, die nie dazu gedacht war, der Witterung zu trotzen, braucht eine Sanierung. © Michael Matejka

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6/19 - Endlose Treppenhäuser, ein ewiges Auf und Ab. Wer zu Fuß in dem alten Nazibau unterwegs ist, braucht Ausdauer und gutes Schuhwerk. Immerhin hätten in dem fertigen Bau mal 50 000 Besucher Platz finden sollen. Jetzt überlegt die Stadt, 80 000 Quadratmeter Künstlern aller Sparten zur Verfügung zu stellen. © Michael Matejka

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7/19 - Wenn man sagt, es wurde verschwenderisch geplant und gebaut, so wäre das untertrieben. Allein nur dieser fensterlose, niemals genutzte Technikraum wäre beispielsweise groß genug, um darin eine ganze Probebühne etwa für das Nürnberger Ballett unterzubringen ... © Michael Matejka

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8/19 - Merkregel beim Rundgang durch den Betonriesen am Dutzendteich: Wo die Wände geweißelt sind, war mal die Quelle. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Es gibt Bereiche mit Tageslicht (Außenseite) und solche, die komplett im Dunkeln liegen (Hofseite). © Michael Matejka

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9/19 - Von 1970 bis 2006 nutzte das Versandhaus Quelle große Teile der Kongresshalle als Regionallager – und finanzierte damit weitgehend den Unterhalt des Gebäudes. Die Hinterlassenschaften sind noch zu sehen: fensterlose Büros, einfache Klos, gemütlich zuckelnde Lastenaufzüge und mittendrin ... © Michael Matejka
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10/19 - ... wie ein kleines Häuschen ins Riesengebäude reingebaut: Die ehemalige Quelle-Kantine, wo ebenfalls bei Kunstlicht zu Mittag gegessen wurde. © Stefan Gnad

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11/19 - Doch auch andere Spuren aus lange zurückliegenden Tagen finden sich beim Rundgang. Mit Ausbruch des 2. Weltkriegs wurden die Arbeiten am Reichsparteitagsgelände und damit auch an der Kongresshalle eingestellt. In den letzten Kriegsjahren wurde auf dem Dach eine Flugabwehrkanone (Flak) installiert. Die Soldaten vertrieben sich die Zeit unter anderem damit, große Zeichnungen an die Wände zu malen ... © Michael Matejka

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12/19 - Nach dem Krieg - 1949 - fand die „Deutsche Bauausstellung“ in der Kongresshalle statt. Zu diesem Anlass wurde damals im 2. Obergeschoss ein Terrassen-Café („Café Königshof“) eingerichtet, von dem ebenfalls noch Reste der damaligen Wandverkleidung zu sehen sind. Schnell hat man damals aber gemerkt: Trotz tollem Ausblick auf Nürnberg ist das für eine dauerhafte Nutzung da draußen nix ... © Michael Matejka

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13/19 - Die riesige Kongresshalle ist bis heute ein Rohbau. Strom gibt es nur notdürftig - und nicht nur die Verkabelung stammt aus dem letzten Jahrtausend ... © Michael Matejka

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14/19 - Beim Rundgang durch die Kongresshalle wird klar: In dem alten Nazibau mangelt es wahrlich nicht an (freiem) Platz. Und Platz benötigt die Kulturszene der Stadt - Hoch wie Sub - mehr als dringend. Ob sie künftig am Dutzendteich unterkommen kann, das gilt es nun zu klären. © Michael Matejka

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15/19 - Zum Einsatz wäre der monumentale neoklassizistische Klotz genau einmal im Jahr gekommen: Wenn Adolf Hitler Nürnberg besucht und die Reichsparteitage eröffnet hätte … © Michael Matejka

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16/19 - Zumindest die Außenfassade der Kongresshalle wurde noch fertiggestellt - und ist immer noch gut in Schuss. Problematisch ist die Innenseite, die nie dafür gedacht war, 80 Jahre lang Wind und Wetter zu trotzen ... © Michael Matejka

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17/19 - Was ein Oschi - und dabei ist das Ding noch nicht mal annährend so groß geworden, wie es die Nazis eigentlich geplant hatten. Blick von oben in die die unvollendete Kongresshalle der NSDAP, die genau einmal im Jahr zum Einsatz gekommen wäre ... © imago images

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18/19 - Blick in den Innenhof, der nie als Innenhof gedacht war - ursprünglich sollte es ja eine Halle werden. Hier soll nun – eine weitere Überlegung der Stadt – übergangsweise das Nürnberger Opernhaus untergebracht werden. Dessen Sanierung ist überfällig und nicht mehr länger aufschiebbar. Ein erstes Gutachten sagt: Theoretisch ist es durchaus möglich, hier interimsmäßig ein großes Musiktheater unterzubringen ... © Michael Matejka

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19/19 - Dass der Geschäftsbereich Kultur der Stadt Nürnberg im Winter 2021 geführte Rundgänge durch die Kongresshalle anbietet, hat einen Hintergrund: Die Stadt möchte mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen. Deshalb gibt es am Ende jeder Führung "Response Points", wo man seine Eindrücke, Gedanken und Ideen hinterlassen kann. © Michael Matejka
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