Nürnberg - Wie stellen sich Kinder eine gerechte Welt vor? Was muss sich ändern, damit wir alle friedlich zusammen leben können? Diesen Fragen widmet sich die Wechselausstellung "Weltgerechtshof der Kinder", die noch bis zum 18. Dezember im Cube 600 läuft. Wir haben uns vor Ort umgesehen.

Droht etwa Gefahr? Wer den Cube 600 des Memoriums Nürnberger Prozesse betritt, wird mit zahlreichen "Vorfahrt achten"-Schildern konfrontiert. Doch um den Straßenverkehr geht es nicht. Auf den Rückseiten der Schilder entdecken Besucher Modelle und Beschreibungen davon, wie sich Kinder und Jugendliche eine gerechte Welt vorstellen.

Unter dem Motto "Lasst uns einen Weltgerechtshof der Kinder erfinden!" waren Minderjährige auf der ganzen Welt aufgerufen, sich an künstlerischen Aktionen zum Thema Gerechtigkeit zu beteiligen. "Die Gedanken der Kinder sollen Aufmerksamkeit erfahren", sagt Johannes Volkmann vom Papiertheater Nürnberg, das mit dem Staatstheater Nürnberg und dem Memorium Nürnberger Prozesse die dreimonatige Wechselausstellung "Weltgerechtshof der Kinder" auf die Beine gestellt hat. Diese soll den Vorstellungen des Nachwuchses, wie so ein "Weltgerechtshof" aussehen könnte, buchstäblich Vorfahrt gewähren.

Wie Kinder Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit empfinden, zeigt die Ausstellung in der Fürther Straße 104 anhand Hunderter Pappschachteln, die Kinder aus unterschiedlichsten Ländern beklebt, bemalt und beschriftet haben. Darin beklagen sie unter anderem Kinderarbeit oder Gewalt gegen die Jüngsten der Gesellschaft. Zu sehen gibt es auch dreiteilige Videoclips, die Kinder zum Thema Ungerechtigkeit gedreht haben, nicht ohne eine Lösung für das jeweilige Problem zu präsentieren.

"Was trage ich bei? Für eine friedliche Welt" steht auf unzähligen leeren Papiertüten. Besucher sind eingeladen, sie zu gestalten und wieder zurückzubringen. Schließlich ist jeder Einzelne gefragt, wenn es um ein friedliches Miteinander geht.

Ein jahrelanger Prozess

In einem anderen Ausstellungsraum liegen rund 1000 Bücher, die Kinder aus 30 Ländern - darunter Deutschland, Kanada, Burkina Faso und die Ukraine - gestaltet haben. Vier Jahre lange haben sie in verschiedenen Workshops zu Papier gebracht, wie sie die Welt, in der sie leben, empfinden, wovor sie Angst haben und wo für sie das Glück wohnt, wie Volkmann erklärt. So sei "ein reicher Schatz aus ehrlichen Meinungen und Äußerungen von Kindern" entstanden.


Noch mehr Familienthemen? Im Newsletter "Familienzeit - praktische Infos für Familien" fassen Sabine Ebinger, Rurik Schnackig und Timo Schickler einmal in der Woche Tipps zur Freizeitgestaltung und viel rund ums Thema Familie zusammen. Hier kostenlos bestellen. Jeden Donnerstag um 6 Uhr in Ihrem Mailpostfach.

Ein gemeinsamer Nenner, das wurde auf der Gipfelkonferenz der Kinder 2018 deutlich, war "dieses schöne Gefühl, dieses Anliegen von Kindern und Jugendlichen, die Welt gerecht empfinden zu wollen". Laut Volkmann sehen Kinder das Thema Gerechtigkeit umfangreicher. Für sie spielen auch Tiere und die Natur eine wichtige Rolle: "Es ist ein großer Wunsch spürbar gewesen, gehört zu werden." Folglich sei der Entschluss gereift, einen "Weltgerechtshof der Kinder" zu erfinden.


"Weltgerechtshof der Kinder": Memorium Nürnberger Prozesse zeigt neue Wechselausstellung


"Man denkt sich oft: Das ist ja schön und nett, was die Kinder geschrieben haben. Aber wir wissen es alle: Die Welt tickt ein bisschen anders", räumt Volkmann ein. Das Anliegen des Projektes sei es daher, auch ein bisschen wehzutun.

"Wir wollen es so ernst nehmen, dass wir es an einem so historischen Ort zeigen", sagt Volkmann. Er wünscht sich, dass die Stadtpolitik auf die Ausstellung, die noch bis zum 18. Dezember zu sehen ist, aufmerksam wird – und unterstreicht, wie sinnvoll es sei, einen "Weltgerechtshof der Kinder" zu erschaffen und dauerhaft weiterzuentwickeln.

Nürnberg mit seiner Geschichte wäre für Volkmann der ideale Ort für so eine Institution. Er könne sich aber auch andere Städte vorstellen und betont: "Das Projekt ist kein Abschluss, sondern der Beginn eines Prozesses."

Weitere Infos zur kostenfreien Ausstellung finden Sie unter museen.nuernberg.de/memorium-nuernberger-prozesse