Nürnberg - Oft wird ein 365-Euro-Ticket wie in Wien als ein Heilsbringer verkauft, der ganz allein die Verkehrswende möglich macht. Doch ein Gutachten im Auftrag des VGN hat einer solchen billigen Jahreskarte nun wenig Nutzen für die Region attestiert. Man sollte deshalb abrücken vom 365-Euro-Dogma und lieber erst in den Netzausbau investieren, meint NN-Redakteur Martin Müller.

Nürnberg ist nicht Wien. Noch lange nicht. Nicht nur wegen der fehlenden Kaffeehäuser und des viel besser ausgebauten Schienennetzes in der Donau-Metropole. Würde es Nürnberg Wien gleich tun, wäre auch in der Südstadt kein Parkplatz mehr kostenlos, müssten die Arbeitgeber in der Stadt eine wöchentliche Abgabe zur Förderung des ÖPNV zahlen.

Denn auch das gehört zur Wahrheit: Nur wer zu solch radikalen Schritten bereit ist, kann dauerhaft ein 365-Euro-Ticket finanzieren. Die VGN-Partner müssten erst solche Maßnahmen ergreifen, bevor sie über eine billige Jahreskarte nachdenken.

Ein 365-Euro-Ticket macht derzeit in der Region nur wenig Sinn. In Busse oder Bahnen, die es gar nicht gibt, steigt man auch nicht bei einem günstigeren Preis. Das für das neue Ticket vorgesehene Geld sollte man besser in Netzausbau und Taktverdichtungen stecken - nur diese ziehen nennenswert neue Fahrgäste an. Ist all das geschafft, kann man auch ein billigeres Ticket einführen. Ein 365-Euro-Ticket sollte das aber besser nicht sein. Denn von diesem symbolischen Preis kommt man später schwer wieder weg - auch wenn er eigentlich nicht mehr finanzierbar ist.