
Die jüngsten Zahlen aus dem BR-Bayerntrend dürften in der CSU-Landesleitung im Schwabinger Norden wie eine Bombe eingeschlagen haben: Nur noch 28 Prozent der bayerischen Wähler würden derzeit ihr Kreuzchen bei „Liste 1“ machen – ein historisch schlechtes Ergebnis. Für die einst vom Erfolg bei Wahlen verwöhnte und vom Rückhalt in der Bevölkerung getragene CSU müsste es der allerletzte Weckruf zum Umsteuern sein.
Aber was können die Schwarzen in Bayern jetzt überhaupt noch machen, um für die Bundestagswahl am 26. September zumindest noch ein paar Prozentpunkte zurück zu erkämpfen? Hektisch Plakate aufhängen, auf denen sich beide Parteichefs endlich einmal gemeinsam zeigen – Kandidat Armin Laschet von der CDU und der ihm in der „Vorrunde“ unterlegene CSU-Chef Markus Söder? Zu spät und wenig glaubwürdig.
Der Wahlkampfmotor stottert im Drehzahlkeller
Immer wieder bekennen sich zwar prominente CSUler zum Kandidaten Laschet, aber mit jeder Zusicherung ihrer Unterstützung wachsen die Zweifel am Gesagten. Dass die CSU im Wahlkampf nicht gerade Vollgas geben würde, war erwartet worden. Aber muss man die Handbremse derart anziehen?
„Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da“, sagt Markus Blume im Spiegel-Interview. Was reitet den eigentlich klugen CSU-Generalsekretär, der sonst das Bild verkörpert, das die Partei von sich selbst abgeben will: Jung, bayerisch, intelligent, erfolgreich? Wenn er dann nachschiebt, dass es jetzt nicht darum gehe, „im Nachhinein Recht zu bekommen, sondern die Union zur stärksten Kraft zu machen, und dem ordnen wir alles unter“ – welcher Normalbürger soll das denn glauben? Freilich hatte die CSU von Anfang an Recht: Söder wäre der bessere Kandidat gewesen. Dass er zweiter Sieger blieb, ist vor allem seinem Timing zuzuschreiben.
Zu lange wurde über Personen geredet
Personen sind nur das Eine. Söder will nun ja auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit SPD und Grünen forcieren. Gute Idee, denn hier gäbe es genug zu tun. Einfacher wäre das, wenn CDU und CSU sich in den vergangenen Jahren nicht so sehr der Konkurrenz angenähert hätten, dass klassische Unionspositionen mühelos von anderen eingenommen werden konnten. Der Aufwind für die Freien Wähler auf Bundesebene spricht eine deutliche Sprache, von Kräften weiter rechts ganz zu schweigen. Die Stimmen der früheren Stammklientel werden der Union fehlen – in allen 16 Ländern.
Nach der Wahl wird für die Union eine Zeitenwende anstehen, die viele bekannte Gesichter politisch nicht überstehen werden. Bezogen auf ihre lange Geschichte wird die Ära Laschet eine Episode bleiben. Die beiden Schwestern können nur hoffen, dass die Verletzungen des Wahlkampfes 2021 die dringend nötige inhaltliche und personelle Erneuerung nach 16 Merkel-Jahren nicht zu sehr verzögern.
