
Für Erlanger Rennradfahrer ist der Rathsberg wie ein zweites Zuhause, soll es mal schnell und hart bergauf gehen, darf diese Rampe nicht fehlen. Und natürlich gilt das auch für das größte deutsche Etappenradrennen. Zweimal mussten die Profis hier hinauf, die Schlussrunde stand doppelt auf dem Programm.
Die Antwort vom Team: "Fahr durch"
Nach gut 180 Kilometern von Ilmenau in Thüringen hatten die Rennfahrer Erlangen erreicht. Die Sprintwertung in der Luitpoldstraße holte sich noch die Spitzengruppe, Bert de Backer vor Julian Lino und Henri Uhlig. Vor der Bonuswertung am Rathsberg aber machte das Feld dann doch noch Druck, die Jagd war schnell beendet. Georg Zimmermann holte sich die Bonuswertung, eine kleine Gruppe fand nach dem steilen Anstieg zusammen und riss eine Lücke zu den restlichen Fahrern.
Wirklich einige waren sich die Ausreißer allerdings nicht. Nach 188,5 Kilometer zog Dylan Teuns weg, Nils Politt hielt mit. Und plötzlich waren die beiden entwischt. "Wir hatten eine relativ große Lücke. Ich habe erst einmal gezuckt, war mir nicht sicher, ob ich durchziehen soll."
Im Feld fuhr noch Pascal Ackermann, der Sprinter von Bora-Hansgrohe, Politts Teamkollege im roten Trikot. "Ich habe nachgefragt, was ich machen soll." Die Fahrer sind mit Funk mit ihren Teamchefs verbunden. Die Antwort war klar: "Fahr durch", erzählt Politt. "Dann war für mich klar, dass es nur eine Option gibt, dass ich versuche, Dylan abzuschütteln und alleine ins Ziel zu fahren."
Der 27-Jährige schafft es, seinen Konkurrenten drei Kilometer vor dem Ziel abzuschütteln. "Ich habe kaum nach hinten geschaut, erst 500 Meter vor dem Ziel habe ich gesehen, dass ich eine große Lücke habe. Doch wenn das Feld anfängt zu sprinten, sind zehn Sekunden schnell keine Sekunde mehr." Am Ende aber reichte es.
In Erlangen konnte Politt auf den letzten Metern die Hände vom Lenkrad nehmen und jubeln. "Solo durchs Ziel zu fahren ist etwas Schönes", sagt Politt, der bereits 2018 in Stuttgart eine Etappe der Deutschland Tour gewonnen hat.
Doppel-Spitze von Bora-Hansgrohe
Elf Sekunden nach Politt kam Dylan Teuns ins Ziel, danach fuhr Andre Greipel als Führender des Felds nach einem Massensprint ein, er hatte ebenso wie der Vierte, Pascal Ackermann, zwölf Sekunden Rückstand. In der Gesamtwertung liegt Politt acht Sekunden vor Ackermann, danach folgen Phil Bauhaus (+10 Sekunden) und Alexander Kristoff (+12).
Bora-Hansgrohe hat damit an zwei von drei Etappen der diesjährigen Rundfahrt triumphiert, jeden Tag fuhr ein Fahrer des deutschen Teams im roten Trikot des Gesamtführenden. Am Finaltag könnte es so zum internen Duell kommen - Pascal Ackermann gegen Nils Politt. "Ich versuche, das Führungstrikot zu verteidigen", sagt der Sieger von Erlangen.
"Am Sonntag können wir alle Karten ausspielen"
Wie Bora-Hansgrohe das Rennen angeht, "müssen sich die Sportlichen Leiter heute Nacht ausdenken. Falls es zum Sprint kommt, ist Pascal da", meint Politt, der auf eine "Doppel-Führung" hofft. "Am Sonntag können wir alle Karten ausspielen." Tatsächlich hat es die Finaletappe von Erlangen nach Nürnberg in sich. Es geht in die Fränkische Schweiz, dort warten einige steile Rampen. Zum Beispiel der Streitberg mit bis zu 15,5 Prozent Steigung. Über 156,3 Kilometer müssen die Fahrer 2000 Höhenmeter überwinden. Hier haben Ausreißer wieder eine Chance. Die fränkischen Rennradfahrer wissen das aus eigener Erfahrung.




