Nürnberg - Vor zwei Jahren hat die Stadt ein Pilotprojekt in der Fliegersiedlung in Ziegelstein gestartet. Mit einem temporären Parkverbot sollen die Urlauber vertrieben werden, die hier ihre Autos abstellen, bevor sie am Nürnberger Flughafen abheben. Das ist aus der Idee geworden.

Noch vor ein paar Jahren muss NiIs Brodersen an manchen Tagen lange suchen, bis er im August in der Otto-Lilienthal-Straße und ihren Nebenstraßen ein Autokennzeichen mit einem N findet. Stattdessen reihen sich Autos aus der ganzen Metropolregion, aber auch aus dem übrigen Bundesgebiet aneinander. Dazu aus Tschechien und anderen Ländern in Osteuropa.

Beliebter Dauerparkplatz

Die Fliegersiedlung in Ziegelstein ist damals ein beliebter, weil kostenloser Dauerparkplatz. Für Pendler und für Angestellte des nahegelegenen Campus Marienberg zum Beispiel. Vor allem aber für viele Urlauber. Die stellen ihre Autos im Wohngebiet ab, um dann in die nahegelegene U-Bahn zu steigen und eine Station Richtung Flughafen zu fahren.

Während sie dort abheben, suchen die Anwohner verzweifelt nach einem Platz, um ihr Auto abzustellen. Der Ärger wächst und auch der Vandalismus nimmt zu. "Autos wurden zerkratzt, Scheiben beschmiert", erinnert sich Brodersen.

Initiative hat viele Ideen

Damit soll Schluss sein, sind sich Nils Brodersen und ein halbes Dutzend Anwohner 2019 einig. Und gründen eine Bürgerinitiative. Sie treffen sich und entwickeln Ideen, wie sie das Problem lösen können. Sie lassen sich auch nicht unterkriegen, als die Stadt ihnen für manchen Vorschlag eine Absage erteilt. Für Bewohnerparkplätze beispielsweise, die in diesem Gebiet nicht möglich sind. Der Grund sind die vielen Garagen. Auch ein "Anlieger frei"-Schild hätte kaum rechtliche Auswirkungen.

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Ist die Parkregelung aus der Fliegersiedlung auch ein Modell für andere Teile Ziegelsteins? © Foto: privat/PR

Die Initiative aber bleibt dran - und kreativ. Mit Erfolg. Zusammen mit der Stadt finden die Anwohner eine Lösung, die seit inzwischen zwei Jahren als Pilotprojekt läuft. Jeden Dienstag zwischen 8 und 11 Uhr gilt auf einer Seite der Straßen in der Fliegersiedlung ein Parkverbot. "Damit hier das Fahrzeug der Stadtreinigung endlich wieder den Bordsteinrand sieht", nennt Brodersen den offiziellen Grund für das eingeschränkte Halteverbot.

Pilotprojekt in Fliegersiedlung

Das schreckt die Urlauber erfolgreich ab, die ihr Fahrzeug nun nicht mehr bedenkenlos in der Otto-Lilienthal-Straße und den Abzweigungen abstellen können. "Ich sehe immer wieder Urlauber, die aussteigen, einen Blick auf die Schilder werfen und wieder wegfahren." Das Pilotprojekt in der Fliegersiedlung funktioniert. Auch dank der Mitarbeiter der Kommunalen Verkehrsüberwachung, die hier "immer noch freundlich begrüßt werden", sagt Brodersen. Obwohl auch Anwohner schon mal ein Knöllchen kassiert hätten, wenn sie vergessen haben, ihr Auto umzuparken.

Dennoch: "Die Situation wird von den meisten Anwohnern als positiv angesehen", heißt es in einer Mitteilung der Initiative. Der ist es von Beginn an wichtig gewesen, "nicht die Meinung einzelner zu vertreten, sondern ein möglichst durchschnittliches Meinungsbild zu transportieren". Genau das hat auch die Stadt verlangt - in Form von Unterschriften. Die musste die Initiative liefern. Am Ende sammelte die Gruppe in 210 Haushalten 179 Unterschriften.

Rückkehr "keine Alternative"

Eine gute Entscheidung, wie sich heute zeigt. Nur im vorderen Bereich der Otto-Lilienthal-Straße, dem Helmuth-Hirth- und dem Oskar-Ursinus-Weg sei die Lage durch die Pendler noch angespannt, sagt Brodersen. Trotzdem seien sich auch die Anwohner dort einig, "dass eine Rückkehr zum Ursprungszustand keine Alternative ist".

Das ist auch nicht geplant, sagt Frank Jülich. "Das Pilotprojekt läuft weiterhin", sagt der Leiter des Verkehrsplanungsamts. Obwohl die Probephase eigentlich im Sommer vergangenen Jahres zu Ende gegangen ist. "Wir wollten im Frühjahr und Sommer 2020 erheben, wie sich die Parksituation verändert hat und ob es zu Verlagerungen in andere Teile Ziegelsteins kam", erklärt Jülich. Aufgrund des Lockdowns und des "sehr eingeschränkten Reise- und insbesondere Flugbetriebs" sei das aber nicht durchgeführt worden.


Mit Flyern und Plakaten: Ziegelstein kämpft gegen Urlaubsparker


Auch jetzt wäre eine Untersuchung "nicht repräsentativ, da die Passagierzahlen immer noch weit vom Normalbetrieb entfernt sind", sagt Jülich. Bewerten will die Stadt das Pilotprojekt deshalb noch nicht, auch wenn die Fachleute vermuten, dass die Urlaubsparker tatsächlich fernbleiben. Beschwerden seien keine mehr eingegangen.

Eine Idee für Almoshof?

Natürlich wollen die Anwohner ebenfalls abwarten, wie sich die Situation entwickelt, wenn am Airport wieder mehr los ist. Und "die anstehenden Bauprojekte in diesem Gebiet" wachsen. Einig sind sie sich schon jetzt, dass es "die richtige Entscheidung gewesen ist, sich für die Verbesserung der eigenen Situation einzusetzen", sagt Nils Brodersen stellvertretend. Der Dank der Gruppe geht deshalb trotzdem schon jetzt an die ansässigen Stadträte und auch an den Vorstadtverein Nürnberg-Nord, die die Idee unterstützen.

Aus Sicht des Vorstadtvereins hat sich der Modellversuch ebenfalls bewährt, sagt der Vorsitzende Tobias Schmidt. Aber weil durch Corona "keine validen Aussagen zu treffen sind, sollte die Maßnahme in jedem Fall verstetigt werden". Schmidt kann sich auch eine Ausdehnung auf andere Bereiche Ziegelsteins gut vorstellen, zum Beispiel rund um den U-Bahnhof "oder auch in Almoshof". Denn schon jetzt sei eine Zunahme der Urlaubsparker wieder spürbar. "Am Ende steht und fällt natürlich das Gesamtprojekt mit stetiger Kontrolle."