Tokio - Für Josia Topf ist ein Traum Wirklichkeit geworden. Der Schwimmer der SSG 81 Erlangen darf bei den Paralympischen Spielen starten. In vier Disziplinen tritt er an - und hofft auf Bestzeiten.

Zum Abschied ging es noch einmal auf den Entlas Keller. So wie es sich für einen Erlanger gehört. Vereinskollegen der SSG 81 hatten Josia Topf am Abend vor dem Abflug zu Hause überrascht. Schließlich kommt es nicht oft vor, dass ihr Klub einen Athleten zu Paralympischen Spielen schickt. Josia Topf aber hat es geschafft, er ist dabei.

"Für mich ist es eine Riesenehre, hier teilzunehmen"

Der Erlanger, der das TAR-Syndrom, eine seltene, erbliche Fehlbildung hat, lernte als Fünfjähriger das Schwimmen. Wenig später schloss er sich der SSG 81 an. Dass er einmal zu den Besten der Welt gehören würde, ahnte man damals noch nicht. Doch Josia Topf ist ehrgeizig und setzt sich sehr genau Ziele, die er bislang immer erreicht hat. Der 18-Jährige holte Weltrekorde, gewann EM-Medaillen und qualifizierte sich mit seinen Zeiten in vier Disziplinen und nach den verschobenen Spielen im Jahr 2020 abermals für Tokio.

"Für mich ist es eine Riesenehre, hier teilzunehmen", sagt Topf. Vor ein paar Wochen erst hat er am Marie-Therese-Gymnasium in Erlangen sein Abitur gemacht, danach ging es noch einmal Vollzeit ins Training. Am Samstag sind er und seine Mutter Wiebke, die ihn begleitet und betreut, von Frankfurt nach Tokio geflogen. Dort ist alles "ziemlich cool", meint der junge Schwimmer im Telefoninterview zwischen zwei Trainingseinheiten.

"Das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht"

"Am Flughafen gab es einen coolen Empfang, alle haben applaudiert. Im Dorf ist es wunderbar", erzählt Topf. Sogar auf der Bettwäsche im Apartment steht "Tokio 2020". "Das Gesamtgefühl ist einfach cool." Überall treffe man auf andere Sportler, "man erlebt immer etwas Neues". Seinen ersten Start hat Topf am Samstag um 3 Uhr deutscher Zeit über 150 Meter Lagen. Bis dahin nutzt der Erlanger die hervorragenden Trainingsbedingungen vor Ort.

ERL-Josia
Der Erlanger ist beeindruckt: Im top ausgestatteten Kraftraum hat Josia Topf sehr viel Platz. © Wiebke Topf, NN

"Ich bin sehr euphorisch und freue mich wahnsinnig auf meine Rennen." Wenn er daran denke, in der riesigen Schwimmhalle anzutreten, "zaubert mir das immer wieder ein Lächeln ins Gesicht", sagt Topf. Aus der Ruhe aber bringt ihn das nicht, selbst wenige Tage vor seinem ersten Rennen denkt der Erlanger nur an sein Training: "Ich bin sehr gespannt, wie gut es anschlägt. Ich weiß, ich habe Fortschritte gemacht." Mit seinen Trainern in Erlangen hat er an jeder Bewegung im Wasser gefeilt, jede Wende, jeder Schwimmstil ist eigens für ihn und seinen Körperbau ausgetüftelt.

"Ich glaube, dass ich in der Lage bin, Bestzeiten zu schwimmen", sagt Josia Topf. Der Rest komme auf den Tag selbst an. "Wie gut habe ich geschlafen, was habe ich gegessen?", es gibt viele Parameter, die für den Erfolg entscheidend sind. Was für den Erlanger über 150 Meter Lagen, 50 Meter Rücken (29. August, 2.54 Uhr), 50 Meter Freistil (2. September, 3.50 Uhr) und 200 Meter Freistil (3. September, 3.39 Uhr) möglich ist, hängt zudem von der Konkurrenz ab.


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"Momentan ist die Spitze noch sehr weit entfernt", sagt Topf, der zu den jüngsten Startern zählt. "Wenn ich einen richtig guten Tag erwische, die letzten 15 Meter Gas gebe und jemand anderes ein Probleme hat, dann ist es möglich, dass ich in Medaillennähe komme." Schwimmt er seine persönlichen Bestzeiten, "müssen die anderen aufpassen, dass sie nicht patzen". Ziel ist in allen vier Rennen das Finale. "Doch für mich ist es schon ein Riesenerfolg, hier zu sein."

"Eine Riesenüberraschung" zum Abschied

Die Vereinskollegen aus Erlangen sehen das ähnlich, weshalb sie ihren Para-Schwimmer schon vorab feierten und ihm einen Glücksbringer, eine silberne Kette mit den Olympischen Ringen als Anhänger, schenkten. "Dass war eine Riesenüberraschung und hat mir viel Kraft gegeben", sagt Josia Topf über den Abschiedsabend. Die Kette hat er mit nach Tokio genommen, aktuell liegt sie auf dem Nachttisch im Olympischen Dorf.