
Seit Mai 2021 ist für Yegor Wolf und seine Freundin Kim Körner alles anders. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Erlanger, die auch zusammen wohnen, ein unbeschwertes Paar: Der 25-Jährige bereitete sich auf seinen Mechatronik-Master-Abschluss an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) vor; die 21-Jährige ging ihrer Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin am Klinikum am Europakanal nach.
Das tut die junge Frau zwar immer noch, nur dass sie jetzt auch einen Schwerkranken direkt an ihrer Seite hat: Denn Yegor Wolf leidet an Leukämie, also Blutkrebs, und das auch noch an zwei verschiedenen Arten.
Am 20. Mai 2021 bringt die junge Frau ihren Freund mit starken Knochenschmerzen im Schienbein in das Universitätsklinikum Erlangen, Schmerztabletten hatten nicht geholfen. Noch am Abend erhält der gebürtige Ukrainer die Verdachtsdiagnose Leukämie, die sich durch eine Knochenmarkpunktion einen Tag später bestätigt.
Mit Chemotherapie und Bestrahlung
Es folgen ein zwölfwöchiger Krankenhaus-Aufenthalt mit Chemotherapien und Bestrahlung. Seit Mitte August ist er ein paar Tage zuhause, körperlich geschwächt und seelisch angeschlagen, und schon nächste Woche, in der Kalenderwoche 34, geht es zurück in das Uni-Klinikum.
"Die Diagnose ist ein großer Schock, man realisiert es erst einmal gar nicht wirklich, es fühlt sich wie in einer Blase an und braucht ein paar Tage, bis es im Gehirn ankommt, dass es so ist", berichtet die 21-Jährige diesem Medienhaus. Dass eine schwere Krankheit nun von der Arbeit direkt in ihr privatestes Umfeld gekommen ist, sei im ersten Moment "völlig surreal" gewesen, sagt sie, "ich habe ja täglich mit schweren Krankheiten zu tun; wenn es dann aber so nah ist, ist es etwas anderes."
Natürlich bringt ihr das Wissen etwa bei Gesprächen mit den Ärzten etwas, auch beim Verteilen der Tabletten kann sie ihrem Freund helfen. "Aber das alles tu ich ja nicht als Krankenschwester, sondern als Freundin", betont sie.
Und nicht nur das. Als Freundin hat sie nun auch einen Aufruf bei Facebook gestartet: "Bitte registriert euch auf der Seite der DKMS und lasst euch typisieren", heißt es auf dem sozialen Netzwerk.
Die Erlangerin hat dazu Fotos gepostet, die sie und ihren Freund lachend und in bester Laune zeigen. "Ich wollte kein Bild von ihm nehmen, wie er jetzt aussieht, ohne Haare und so schwach", sagt sie, "sondern so, wie er vorher war, kerngesund und sehr aktiv."
Sie und ihr Freund möchten mit dem Typisierungs-Appell vor allem auch in Deutschland lebende Ukrainer erreichen. Yegor Wolf ist als Vierjähriger mit seiner Familie aus der Ukraine nach Deutschland gekommen - und eine Übereinstimmung hängt zu einem großen Teil von der Herkunft ab. "Die Ärzte sagen, dass die Wahrscheinlich, einen geeigneten Spender zu finden, unter Ukrainern größer ist als unter Nicht-Ukrainern", erläutert Kim Körner, "die Herkunft spielt eine große Rolle und deshalb hoffen wir, dass sich viele hier lebende Ukrainer nun typisieren lassen."
Die Suche nach einem Stammzellspender ist das A und O. Nach Auskunft der Ärzte müssen nun eine weitere Chemotherapie und auch eine Stammzellentransplantation folgen - und zwar sehr schnell, am Besten wäre es, wenn schon in der Kalenderwoche 34 mit einer Transplantation begonnen werden könnte. "Die Ärzte sagen, die Zeit drängt", erzählt Körner, "denn sie vermuten schon wieder bösartige Zellen, sie gehen davon aus, dass die Leukämie immer wieder kommt und ihn dann irgendwann umbringt." Doch noch fehlt der passende Spender, auch Yegor Wolfs Bruder und Mutter eignen sich nicht.
Positive Reaktionen auf Facebook-Post
Die Reaktionen auf Körners Facebook-Post waren schon gut. "Es haben schon viele dabei geholfen, den Aufruf zu verbreiten, etliche unserer Freunde haben sich registrieren lassen, aber es müsste noch viel mehr Menschen erreichen, die Chance ist einfach sehr gering, einen 100-Prozent-passenden Spender zu finden, je mehr Menschen man erreicht, desto besser ist es."
Die Typisierung selbst ist einfach, betont Körner und appelliert an alle, es zu tun. Man muss sich nur bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen: das ist möglich unter www.dkms.de
Dann bekommt man kostenlos ein Set für einen Wangenabstrich nach Hause geschickt. Aufgrund der genetischen Merkmale in der Probe lässt sich bestimmen, wer als Spenderin oder Spender infrage kommt. "Je mehr sich registrieren lassen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu finden", sagt Kim Körner, "es ist so einfach, man muss fast nichts tun - und kann trotzdem Leben retten."
Immer wieder brauchen Menschen in der Region dringend Stammzellspender, wie etwa in Wendelstein im Oktober 2020 oder in Weißenburg im September 2020.