
Das Carport aus Holz ist bereits von der Wunschliste für das Haus gestrichen. "Aber wir sind trotzdem weit über dem, was wir ursprünglich veranschlagt hatten", seufzt Lars Schmidt am Telefon.
Mehr Platz, die eigenen vier Wände und das in direkter Nähe der Schwiegereltern: Für den Traum vom Eigenheim hatte die Familie bereits vergangenes Jahr mit der Planung begonnen, Baustart sollte im Frühjahr sein. Doch dann verzögerte sich die Erschließung des Grundstücks, "auch die Suche nach bezahlbaren Baufirmen war langwieriger als gedacht. Und währenddessen sind die Preise für die Materialien weiter gestiegen", erzählt Schmidt.
Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher
Es sind gleich mehrere globale Entwicklungen, die in den vergangenen Monaten zu der Verknappung der Rohstoffe und damit zu den deutlichen Preissteigerungen geführt haben und sich nun vor Ort niederschlagen: Nach dem coronabedingten Einbruch habe zunächst die Nachfrage nach Materialien weltweit stark angezogen, schreibt die Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken. Zusätzlich häuften sich Probleme in der Logistikkette wie beispielsweise ausgebuchte Frachtschiffe und der Mangel an Containern und Holzpaletten, dazu kamen Produktionsausfälle wegen Naturkatastrophen wie den Waldbränden im Westen der USA.
"Mittelfranken ist aufgrund seiner Industrie und der engen außenwirtschaftlichen Verflechtungen naturgemäß stark betroffen", so IHK-Sprecher Harmut Beck. Zudem würde sich die Entwicklung bei allen Rohstoffen und Vorprodukten bemerkbar machen - also sowohl bei regionalen Baustoffen wie Sand und Kies, als auch bei internationalen Materialien wie Stahl oder Aluminium. Bei Komponenten aus Stahl, Kupfer und Kunststoff seien die Lieferzeiten derzeit bis zu zehnmal länger als sonst.
Bei den Handwerksbetrieben in der Region hat das teils groteske Folgen: Trotz voller Auftragsbücher mussten einige wegen Materialmangels ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schicken. Allein der Holzpreis ist laut der Handwerkskammer für Mittelfranken seit November um 300 Prozent gestiegen, die Erhöhungen müssten viele Betriebe selbst stemmen: In einer Umfrage der Kammer gaben demnach 80 Prozent der Firmen an, höhere Preise als im Vorjahr zu bezahlen. Ihre Verkaufspreise anpassen, also entsprechend anheben, konnten hingegen nur 37,9 Prozent.
Das geht beispielsweise dann, wenn mit Kunden statt eines Festpreises eine sogenannte Preisanpassungsklausel vereinbart wurde, mit der die Preise an das aktuelle Niveau angeglichen werden können. Auch bei öffentlichen Aufträgen sollen solche Klauseln nun verstärkt angewendet werden, hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer auf Drängen der Branchenverbände zuletzt angeraten.
Manche müssen Traum vom Eigenheim verschieben
Nach dem gleichen Schema hat sich auch der Zimmerer von Familie Schmidt abgesichert. "Allein der Preis nur für den Dachstuhl ohne Carport ist jetzt höher als für beides zusammen davor", erzählt Schmidt. Um Kosten zu senken, hätten sie bereits an anderen Stellen das Material gewechselt. "Wir wollen aber nicht bei allem Abstriche machen, sonst könnten wir das eigene Bauen ja gleich sein lassen." Der finanzielle Rahmen der Familie sei aber nahezu ausgeschöpft.
Für andere könnte der Traum vom Eigenheim auch ganz platzen. "Sicherlich werden einige geplante Hausbauprojekte jetzt zurückgestellt in der Hoffnung auf bessere Zeiten", schätzt Josef Wallner, Sprecher des Bayerischen Bauindustrieverbandes. Ob die Rechnung auch aufgehe, "das weiß keiner". Die gestiegenen Rohstoffpreise sowie die zusätzlich höheren Anforderungen wegen des Klimaschutzes würden die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes noch zusätzlich erschweren.
Das Projekt Eigenheim erst einmal zu verschieben, ist für Schmidt keine Option mehr. Der Kredit bei der Bank sei längst genommen, das Geld müsse nun auch abgerufen werden. "Und ob es irgendwann wieder günstiger wird, wer weiß das schon?"
