Würzburg - Schnell, günstig, aber auch richtig? Ein negativer Antigen-Schnelltest ist derzeit die Eintrittskarte in Schulen, Kultureinrichtungen oder Flugzeugen. Hersteller werben mit einer hohen Zuverlässigkeit der Tests. Eine Studie von Würzburger Wissenschaftlern zeigt nun: So eindeutig sind die Tests gar nicht.

Nach Monaten des strikten Lockdowns gibt es in immer mehr Bereichen des gesellschaftlichen Lebens deutliche Lockerungen. Obwohl die Corona-Inzidenzzahlen bundesweit sinken, ist in Schulen, beim Besuch von Kulturveranstaltungen oder vor dem Beginn einer Urlaubsreise weiterhin ein negativer Antigen-Schnelltests nötig. Diese sind im Vergleich zu den PCR-Tests einfacher, kostengünstiger und schneller. Doch sind sie auch so effizient?

Die Hersteller werben mit einer hohen Sensitivität, der Zuverlässigkeit der Schnelltests. Die Sensitivität gibt an, bei wie vielen Personen eine Infektion tatsächlich erkannt wird, sprich, das Testresultat bei einer Infektion auch positiv ausfällt. Diese soll laut den Laborwerten, auf denen die Zulassung beruht, über 90 Prozent erreichen.

Deutlich schlechtere Ergebnisse

In einer Studie fanden Forscherinnen und Forscher der Institute für Hygiene und Mikrobiologie sowie Virologie und Immunbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) sowie mehrerer Kliniken des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) jetzt heraus: Die Sensitivität der Antigen-Schnelltests im klinischen Praxiseinsatz liegt mit 42,6 Prozent signifikant unter den Herstellerangaben. Die Ergebnisse dieser Studie hat das Team in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift EBioMedicine veröffentlicht.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testeten insgesamt 5068 Teilnehmende mit einem Antigen-Schnelltests sowie PCR-Test. Anschließend wurden die Ergebnisse miteinander verglichen. Während die Sensitivität der Schnelltests deutlich schlechter ausfiel als erwartet, erreichte die Spezifität, der Anteil der korrekt negativ getesteten Personen, mit 99,68 Prozent jedoch die von den Herstellern angegebenen Werte.

"Unsere Auswertung zeigt, dass SARS-CoV-2-Infizierte mit sehr hoher Viruslast – potenzielle 'Superspreader' – sehr zuverlässig mittels Antigen-Schnelltests als positiv erkannt werden. In SARS-CoV-2-Proben mit niedrigen Viruslasten hingegen werden Infektionen so gut wie nicht erkannt", erklärt Dr. Manuel Krone, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Hygiene und Mikrobiologie, die Ergebnisse der Studie.

Dies könne vor allem zu Beginn einer Infektion zum Problem werden: "Dann liefern Antigen-Schnelltests möglicherweise erst später als ein PCR-Test die richtige Diagnose und können so den Betroffenen eine falsche Sicherheit geben", so Krone. Dies müsse den Menschen bewusst sein, die sich dank eines negativen Schnelltest-Ergebnisses in falscher Sicherheit wiegen und Abstands- und Hygieneregeln aus diesen Gründen nicht mehr einhalten. Weniger problematisch sei das "falsch-negative" Testergebnis am Ende einer Infektion, weil dann von den Infizierten kein hohes Ansteckungsrisiko mehr ausgeht.

Schnelltests weiterhin sinnvoll

Die Ergebnisse der Würzburger Studie sind für die Corona-Teststrategien von großer Bedeutung: "Antigen-Schnelltests sollten nicht als Ersatz für PCR-Untersuchungen bei symptomatischen Personen eingesetzt werden, wenn PCR-Kapazitäten zur Verfügung stehen", sagt Krone. Von ihrem Einsatz prinzipiell abraten will der Mediziner jedoch nicht: "Großflächig und regelmäßig eingesetzt ermöglichen sie eine zusätzliche Erkennung von in vielen Fällen auch asymptomatischen SARS-CoV-2-Infizierten und damit eine Unterbrechung von Infektionsketten."

Isabell Wagenhäuser, Doktorandin am Institut für Hygiene und Mikrobiologie und Erstautorin der Studie, ergänzt: "In Situationen, in denen eine momentan hohe Infektiosität ausgeschlossen werden soll, weil viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, können Antigen-Schnelltests eine sinnvolle Ergänzung weiterer Hygienemaßnahmen darstellen. Auch die infektionsepidemiologische Lage spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung, ob ein Einsatz von Antigen-Schnelltests sinnvoll ist."

Der Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene des Würzburger Uni-Klinikums hat eine ähnliche Meinung: „Bei der Entscheidung zum Einsatz von Antigen-Schnelltests muss immer auch die aktuelle Inzidenz bedacht werden, da der positive Vorhersagewert der Tests bei niedrigen Inzidenzen abfällt.“


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