Nürnberg - Die Infektionszahlen in Bayern gehen weiterhin nach unten, für den Zugang zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, etwa den Einzelhandel oder die Außengastronomie, ist damit kein Corona-Test mehr nötig. Geht den Testzentren nun die Arbeit aus?

Wo sich die Gäste vor der Pandemie ofenfrisches Schäufele und fränkische Krautwickel schmecken ließen, nehmen derzeit entsprechend ausgebildete Mitarbeiter des "Grüner Brauhauses" in Fürth Nasenabstriche vor und analysieren die Proben auf Sars-CoV-2. Im April hatte das Team der Comödie Fürth im Erdgeschoss des Jugendstil-Gebäudes ein Schnelltestzentrum eingerichtet, das zunächst täglich von 7 bis 15 Uhr in Betrieb war.

"Inzwischen haben wir uns an die Öffnungszeiten der Gastronomie angepasst und von Dienstag bis Sonntag jeweils von 11 bis 19 Uhr geöffnet", erzählt Geschäftsführer Michael Urban. Jetzt überlegt er, ob der Testbetrieb weiter in diesem Umfang betrieben oder in absehbarer Zeit eingestellt werden soll. "Wir werden das jetzt eine Woche lang beobachten und dann entscheiden." Am vergangenen Wochenende zumindest hätten sich noch überraschend viele Menschen im "Grüner Brauhaus" testen lassen.


Wie entspannt wird der Corona-Sommer? Das sagen Virologen


Nun aber könnte es sein, dass sich der Betrieb bald nicht mehr rechnet. Schließlich ist nach den umfassenden Lockerungen im Freistaat nur noch für relativ wenige Dinge des Alltags der Nachweis eines negativen Corona-Tests nötig, wenn die Inzidenz in der entsprechenden Gebietskörperschaft unter 50 liegt.

Betrieb bis mindestens 30. September

Zum Beispiel für den Präsenzunterricht in den Schulen und bei der Übernachtung in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben sowie auf Campingplätzen. Auch für die Passagiere auf Flusskreuzfahrtschiffen sind gemäß der nun gültigen 13. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Corona-Tests nötig, sonst aber hält die Staatsregierung derzeit die Einhaltung der bekannten Abstands- und Hygieneregeln wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen für ausreichend.

Auch wenn die Nachfrage nach Corona-Tests in den kommenden Wochen erheblich sinken würde, ändert sich zumindest für die "Bayerischen Testzentren" nichts. Die wurden gemäß eines Beschlusses des Ministerrats im August vergangenen Jahres in jedem bayerischen Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt eingerichtet und sollen mindestens bis zum 30. September 2021 fortgeführt werden.


Hier können Sie Ihre Meinung zur Corona-Krise kundtun oder sich mit anderen Usern zum Thema austauschen. Alle Artikel zu Corona haben wir zudem für Sie auf einer Themenseite gesammelt.

"Da müssen wir abwarten, wie der Freistaat nach diesem Stichtag verfährt. Der muss das alles ja auch bezahlen", sagt Michael Gottschalk, Sprecher des Landratsamtes Neumarkt. Aktuell sei das Testzentrum des Landkreises auf dem Neumarkter Volksfestplatz noch relativ gut ausgelastet, zuletzt seien täglich jeweils etwa 150 PCR- und Antigen-Schnelltests durchgeführt worden. "In Spitzenzeiten war es allerdings mehr als das Doppelte", ergänzt Gottschalk.

"Wir fahren auf Sicht"

Auch viele andere Träger wollen trotz der künftig wahrscheinlich niedrigeren Auslastung den Testbetrieb fortführen. "Unsere sieben Testzentren bleiben vorerst bestehen", sagt Christoph Schneidewin, Vorstand des Klinikums Altmühlfranken im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und Chef des Medizinischen Versorgungszentrums, das diese Testzentren betreibt. Noch immer werden dort bis zu 1500 Tests am Tag durchgeführt, und das Infektionsgeschehen könnte ja auch jederzeit kippen. "Wir fahren auf Sicht", sagt Schneidewin.


Inzidenz unter 50: Wann muss ich mich eigentlich noch testen?


Was mit den übrigen Testzentren geschieht, die zum Teil auch von privaten Unternehmen betrieben werden, könne man derzeit noch nicht abschätzen, konstatiert Johannes Rank, Leiter des Gesundheitsamtes Weißenburg-Gunzenhausen. "Das ist im Prinzip denen selbst überlassen, zu entscheiden, ob es sich noch lohnt."

Jens Spahn will die Vergütungen senken

Das hängt natürlich auch von der Honorierung der Testungen ab, und da hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach Betrugsvorwürfen gegen einzelne Testzentren eine Senkung der Vergütung angekündigt. So sollen die Betreiber nur noch elf statt bisher 18 Euro pro Test abrechnen können. Sachkosten sollen künftig mit einer Pauschale von drei statt bisher sechs Euro erstattet werden.

Das Bayerische Rote Kreuz (BRK), das aktuell etwa 350 Corona-Schnelltestzentren im Freistaat betreibt, wird dennoch an einem flächendeckenden Testbetrieb festhalten. "Wenn wir festgestellt haben, dass irgendein kleinerer Standort überhaupt nicht ausgelastet war, haben wir den vielleicht nach einer gewissen Zeit wieder geschlossen. Das sind aber nur ganz wenige Fälle", versichert BRK-Pressesprecher Sohrab Taheri-Sohi.

In dieser Pandemie sei es auch nicht die Maßgabe des BRK, dass sich etwas rechnet, sondern dass man das Notwendige tut. "Wir halten an unserem Netz von Teststationen fest, denn das jetzige Infektionsgeschehen ist ja auch eine Momentaufnahme", betont Taheri-Sohi. Sollten die Zahlen wieder steigen, müsste man die Infrastruktur nicht erst mühsam wieder hochfahren.

"Einstellung von Tests ein falsches Signal"

"Aus Sicht der Hilfsorganisationen wäre die Einstellung von Testungen zudem ein falsches Signal", sagt Carolin Mauz von der Johanniter-Unfallhilfe, die etwa 30 Testzentren in Bayern betreibt. Regelmäßige qualitativ einwandfrei ausgeführte Testungen seien weiterhin eine sinnvolle und effektive Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie. "Daher appellieren wir auch weiterhin an Menschen, besonders an diejenigen, die noch nicht vollständig geimpft sind oder die Krankheit nicht hatten, die Testangebote regelmäßig in Anspruch zu nehmen."