NEUMARKT - Am 23. Mai 1921, am Montag nach der Pfingstwoche, eröffneten ein gelernter Elektriker und eine Schneiderin am Unteren Markt ein Wäschegeschäft: "Der Achatz" war geboren, der in der Neumarter Einkaufsmeile schnell zu einer Institution werden sollte.

Ein Jahrhundert später führen Josef Achatz mit seiner Frau Gertrud das Fachgeschäft für Wäsche und Dessous erfolgreich in der dritten Generation. Und sie sind zuversichtlich, dass es auch in der vierten Generation weitergehen, eines ihrer drei Kinder das Familienunternehmen am Oberen Markt weiterführen wird. "Auch wenn es dann kein Josef mehr sein wird", sagt der Geschäftsführer, der den selben Vornamen trägt wie seine beiden direkten Vorfahren.

Großvater Josef und Großmutter Theresia hatten im Jahr 1921 das "Spezial-Geschäftshaus für Wäsche, Lederputz-Scheuermittel und Kerzen" eröffnet. Aber nicht an der heutigen Adresse am Oberen Markt zwischen Rathaus und der Eisdiele, sondern im "Gasthaus zum Türken" von Michael Ehrnsberger am Unteren Markt. Dieses hatte zur Marktstraße hin einen Laden, den die neu gegründete Firma "Achatz & Cie." anmietet.

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© Achatz Mode + Textil GmbH

"Es ist unser Bestreben, durch streng rechtliche und sorgfältigste Beratung die Zufriedenheit unserer geschätzten Kundschaft zu erwerben", stand vor 100 Jahren in der Eröffnungsanzeige. Daran hat sich im Hause Achatz bis heute nichts geändert: "Wir leben vom direkten Kontakt, dem Gespräch mit unseren Kundinnen und Kunden, der persönlichen Beratung", sagt Gertrud Achatz. Gerade in den vergangenen Monaten, während des Lockdowns, sei es deutlich geworden, ergänzt ihr Mann: "Das Internet kann das nicht ausgleichen."

Ende der 20er Jahre zog die Firma Achatz an den Oberen Markt 22. Schon kurz darauf erwarb Josef Achatz das Nachbarhaus mit der Nummer 23 von einem Uhrmacher, wo sich das Wäschegeschäft heute noch befindet. Während der Nazi-Zeit musste der Inhaber es mehrmals schließen. "Weil er nicht linientreu war", sagt sein Enkel.

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© Achatz Mode + Textil GmbH

In den letzten Kriegswochen wurde auch das Geschäftshaus der Familie Achatz zerstört. Doch nach dem schnellen Wiederaufbau lief der Betrieb an gleicher Stelle weiter, denn Wäsche und Kurzwaren braucht man immer. Im Jahr 1955 übergab das Gründerpaar den Laden an Sohn Josef und dessen Frau Christa. Ein Jahr später starb der Vater; Mutter Theresia lebte noch bis 1981. Mit dem Umbau Mitte der 60er Jahre wurde die Verkaufsfläche um das erste Obergeschoss erweitert.


Begehbarer Brunnen vor dem Neumarkter Rathaus?


Das Sortiment veränderte sich immer mehr von Gemischtwaren hin zu Textilien: Damen- und Herrenwäsche, feine Dessous, Bademode. 1988 folgte dann die zweite Übergabe: Josef Achatz, der Enkel des Gründers, und seine Frau Gertrud übernahmen das Ruder. 2009 eröffneten sie eine Filiale am Amberger Marktplatz. Schon mehrmals prämierte das Fachmagazin "Sous" das Neumarkter Geschäft bei der jährlichen „Oscar-Verleihung“ der Dessous-Branche.

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© Achatz Mode + Textil GmbH

Während der Achatz ist der Achatz geblieben ist, hat sich Unterwäsche-Vorlieben in den vergangenen 100 Jahren wie jede Mode verändert. Bei den Männern steht Kochwäsche wie weißer oder hellblauer Feinripp nicht mehr so hoch im Kurs wie einst, die meisten mögen laut Achatz es heute viel farbiger und modischer.

Und Frauen gönnten sich viel öfter als früher verführerische Dessous, "als persönlicher Luxus, nur für sich selber", sagt die Chefin. Denn Unterwäsche sei heute weit mehr als nur das Nötige darunter: "Sie ist tägliches Wellness."