Nürnberg - Corona-Hotspots im Stadtgebiet: In Nürnberg sollen bald Impftrupps durch "benachteiligte Stadtteile" ziehen, um die dortigen Bewohner zu immunisieren. Welche Stadtteile das sind, das will die Stadt allerdings nicht verraten - und trägt damit zu Mythen und Missverständnissen bei, kommentiert NZ-Redakteurin Ngoc Nguyen.

Zunächst waren es kleinere Meldungen: Auf den Intensivstationen liegen vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, berichteten einige Mediziner. Diese Hinweise wurden politisch sehr pragmatisch gelöst – indem man einfach nicht darüber sprach. Diese Untätigkeit blies die Beobachtung aus den Intensivstationen auf, sie wurde zu einem Mythos, sie führte zu Missverständnissen, sie beförderte Vorurteile.

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass bestimmte Ethnien biologisch anfälliger für Covid-19 sind als andere. Was diese Corona-Patienten auf den Intensivstationen gemeinsam haben ist nicht nur der offensichtliche Migrationshintergrund: Sie kommen meist aus sozial schwachen Verhältnissen, oft haben sie mit Sprachbarrieren zu kämpfen, sie leben in kleinen Wohnungen. Diese Verhältnisse müssen gezielt bekämpft werden, und das geht besser, je mehr man weiß. Was zum Beispiel ist denn ein Migrationshintergrund? Aussiedler haben mit Südostasiaten wenig gemeinsam, schwarze Menschen haben einen anderen Lebensstil als Türken.


Impfstoffmangel: Demnächst drohen Engpässe für die erste Dosis


Für eine Corona-Studie im Vereinigten Königreich, das England, Schottland, Wales und Nordirland umfasst, wurden die Daten von Millionen Menschen detailliert ausgewertet: unterteilt nach ethnischen Gruppen, angegeben wurden Alter, Geschlecht, wie groß ist ihr Haushalt, wann waren sie das letzte Mal beim Arzt, wie ist der Body-Mass-Index, welche Ausbildung haben sie, sind sie womöglich arbeitslos? Diese Angaben helfen, Störfaktoren zu beseitigen. So kam bei dieser Studie heraus, dass Menschen aus Bangladesch ein höheres Infektions-Risiko haben als andere ethnische Gruppen – weil sie öfter in Mehrgenerationenhäusern wohnen. Hier war nicht der Migrationshintergrund das Problem – und auch nicht die Lösung.

Angst vor Stigmatisierung?

Von dieser Datenfülle ist Deutschland weit entfernt. Dennoch haben wir hier wenigstens etwas: die Postleitzahl des Wohnortes, in dem der Corona-Erkrankte lebt. Damit lassen sich nicht alle Infektionsgeschehen erklären, doch sie gibt einen Fingerzeig.


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Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, weshalb Britta Walthelm, die Nürnberger Gesundheitsreferentin, diese unter Verschluss hält. "Sollen die Menschen in Gibitzenhof eine Ausgangssperre bekommen und die Kinder in Erlenstegen dürfen zur Schule gehen?", antwortete sie auf die Frage, weshalb sie die detaillierten Inzidenzzahlen nicht verrät. Diese Antwort offenbart ein tiefes Misstrauen gegenüber der Wissenschaft und der Fähigkeit der Bevölkerung, in der Corona-Krise nüchtern zu urteilen.

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In den Medien kamen in den vergangenen Wochen immer wieder Intensivmediziner zu Wort, die auffällig viele Menschen mit Migrationshintergrund auf den Intensivstationen beobachteten.  © Ole Spata