
Bis zum 5. April, so sagte Michael Hausfeld, der als Amerikas härtester Anwalt gilt, jetzt in der ARD-Sendung "Titel – Thesen –Temperamente" erwarte er Antwort von der Nürnberger Franz Hofmann und Sophie Hagemann-Stiftung. Die hat seit vier Jahren keine Ausgleichszahlungen geleistet, zwischenzeitlich den NS-Raubgut-Status des Instruments angezweifelt und schlägt nun die nächste Volte: Der vierköpfige Vorstand tritt zurück. Komplett. Mit Wirkung zum 31. März.
Warum? Was bedeutet das für die Stiftung? Was für den Fortgang im wendungsreichen Fall der Guarneri-Geige? Die dürre Antwort der Stiftung auf diese Fragen: "Zur Zeit befindet sich die Hochschule für Musik Nürnberg und die Stiftungsaufsicht in der Abstimmung, damit die Geschäfte der Stiftung weitergeführt werden."
Nähe zur Musikhochschule
Das dürfte auch weiterhin in großer Nähe zur Musikhochschule passieren. Schon allein durch ihren Stiftungszweck, der die Förderung musikalisch begabter junger Leute insbesondere an der Nürnberger Hochschule verfolgt, ist die Stiftung eng mit der staatlichen Einrichtung verbunden. Drei der ( Noch-)Vorstände, so legt es die Satzung fest, wurden von der Hochschule bestimmt. Umso fragwürdiger ist das Verhalten der Stiftung im bisherigen Verfahren.
Zwar hatte sie sich zum Klären der Herkunft der Geige selbst an die Beratende Kommission für die Rückgabe von NS-Raubgut gewandt. Damit aber auch deren Grundsatz akzeptiert, wonach sie nur tätig wird, wenn beide Seiten gewillt sind, ihre Empfehlungen auch zu befolgen. Ausgesprochen wurden die 2016.
Kritik der Kommission
Zuerst stimmte die Stiftung der Entschädigungszahlung von 100 000 Euro an die Erben zu. Dann passierte vier Jahre lang nichts. Nirgendwoher, so klagte die Stiftung, habe sie Geld bekommen. Nicht vom Bund, nicht vom Land, nicht vom Staat. Wenn es um Bitten und nicht um die Verpflichtung zu zahlen geht, ist auch die Politik hartleibig. Das ist – neben der weitgehend machtlosen Beratenden Kommission, die nur empfehlen, nicht anordnen kann – eine Schwäche im deutschen Restitutionssystem. 1998 hatte sich die Bundesregierung zusammen mit weiteren 43 Staaten die sogenannten Washingtoner Prinzipien für den Umgang mit NS-Raubgut und die angestrebte Wiedergutmachung auf die Fahnen geschrieben. Das heißt: Rückgabe oder Entschädigung.
"Durch das Ausbleiben der Zahlung droht insbesondere im Ausland ein Imageschaden" hatte Hans-Jürgen Papier, Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzender der Beratenden Kommission, im Interview mit unserer Zeitung über die Hagemann-Stiftung und den "Fall" der Guarneri-Geige gesagt und betont: "Es kann der Eindruck entstehen, es fehle der Wille, die Prinzipien der Washingtoner Erklärung umzusetzen."
Neues Stiftungsrecht
Neben der Geige hatte die Stiftung 2011 von der Musikpädagogin Sophie Hagemann auch Barvermögen geerbt. Aus eigenen Mitteln konnte die Stiftung die 100 000 Euro aber laut Satzung und Stiftungsrecht nicht bezahlen. Mit einer kürzlichen Änderung des Stiftungsrechts ist das nun möglich. Das habe man, so heißt es nun auf der Homepage der Stiftung, dem Rechtsanwalt der Erbengemeinschaft Hildesheimer mitgeteilt. Zahlung also zügig?
Vielleicht ist es dazu aber auch schon zu spät. Denn es steht die Neubewertung der Guarneri-Geige im Raum. Christoph Adt, Präsident der Musikhochschule und im Vorstand der Stiftung, hatte in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung den Wert der Geige auf das "Zehnfache" beziffert. Das heißt, es könnte um einen Wert von rund einer Million Euro gehen. Die Stiftung lässt nun auf ihrer Homepage wissen, dass sie sich "weder einer Neubewertung der Guarneri-Violine noch einer Wiederaufnahme vor einem unabhängigen Schiedsgericht verschließt". Das Gezerre um die Geige geht weiter.