Nürnberg - Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind vorerst gescheitert, ab Dienstag drohen Warnstreiks. Die Gewerkschaften wagen damit einen Drahtseilakt, kommentiert NN-Redakteur Manuel Kugler.

In der Logik der Gewerkschaften klingt es ebenso einfach wie einleuchtend: Die Corona-Pandemie führte den Deutschen vor Augen, wie (überlebens-)wichtig der Job ist, den Krankenpfleger und viele Staatsangestellte Tag für Tag machen, weshalb die Leistung dieser Menschen nicht nur mit Beifall, sondern auch finanziell honoriert werden müsste.

Doch es ist keineswegs so einfach. Und zwar, weil eben jene Pandemie – oder besser: die drastischen Maßnahmen, die die Politik zu ihrer Bekämpfung für notwendig erachtete – auch dazu führte, dass nun die öffentlichen Kassen, aus denen das Geld für höhere Löhne kommen müsste, leer sind.

Dieser zentrale Konflikt wird ab Dienstag in Kitas oder Krankenhäusern ausgetragen. Ja, es ist anzunehmen, dass die Gesellschaft hinter Pflegern und Erzieherinnen steht. Doch eben jene Gesellschaft ist auch ermüdet von wochenlangen Kita- und Schulschließungen. Die Aussicht, jetzt schon wieder vor verschlossenen Türen zu stehen, könnte also schnell Unmut hervorrufen. Für die Gewerkschaften sind die Warnstreiks im Jahr 2020 deshalb mehr denn je ein Drahtseilakt.