GUNZENHAUSEN - Sechs Jahre lang sah die Gunzenhäuser Stadtspitze so aus: Chef im Rathaus war der direkt gewählte Karl-Heinz Fitz (CSU). Als ehrenamtlicher Vize wirkte Dr. Hans-Peter Neumann (SPD). Der 3. Bürgermeister, ebenfalls ehrenamtlich, hieß Friedrich Kolb (CSU). Der hauptamtliche 1. Bürgermeister ist bekanntlich am 15. März von der Bevölkerung im Amt bestätigt worden. Um die Besetzung der beiden Stellvertreterposten ging es bei der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am Dienstag in der Stadthalle.

Das Thema hatte eine gewisse Brisanz, da es schon vorkam, dass der 2. Bürgermeister später ganz nach oben strebte. Das war sowohl bei Joachim Federschmidt (SPD) als auch bei Karl-Heinz Fitz der Fall. Außerdem: Fitz und Neumann hatten sich in der vergangenen Wahlperiode überworfen, zwischen ihnen bestand alles andere als ein Vertrauensverhältnis, und der Streit wurde zeitweise auch öffentlich ausgetragen.

Nun wies Friedrich Kolb, der für die CSU-Fraktion sprach, die Richtung. Er schlug den langjährigen Stadtrat Peter Schnell (Grüne) als 2. Bürgermeister vor. Schnell verfüge über Erfahrung, genieße Rückhalt und Vertrauen im Stadtparlament. Kolb: "Ich bin überzeugt, dass er ein loyaler Stellvertreter sein wird."

Dem stellte sich Bianca Bauer (SPD) entgegen. Sie hatte sich am 15. März ohne Erfolg um das Amt des 1. Bürgermeisters beworben und noch am Wahlabend erklärt, der zweitstärksten Fraktion gebühre es, den 2. Bürgermeister zu stellen. Da wusste Bauer noch nicht, dass die SPD hinter den Grünen nur auf Platz drei landen würde. Nun, sechs Wochen nach der Wahl, erklärte Bauer ihren Sinneswandel so: Zwar habe die SPD an Stadtratsmandaten verloren, doch sie persönlich habe das zweitbeste Ergebnis der Bewerber hinter Karl-Heinz Fitz erzielt. Vor dem Hintergrund ihrer Stimmen, erscheine es für sie nur logisch, sich um das Stellvertreteramt zu bewerben. "Das bin ich meinen Wählern schuldig." Die jetzt anstehende Entscheidung solle so das Ergebnis des 15. März widerspiegeln. Es gelte, den Wählerwillen ernst zu nehmen und keine "Hinterzimmerpolitik" zu betreiben.

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© Wolfgang Dressler

Als Stadträtin habe sie intensiv gearbeitet, sich stets intensiv auf die Sitzungen vorbereitet. Sie pflege ein gutes Verhältnis zum 1. Bürgermeister und könnte künftig auch als Kreisrätin für Gunzenhausen tätig sein, warb Bianca Bauer für sich selbst. Die Oberwurmbacherin sagte weiter, sie habe den SPD-Kollegen ihre jetzige Kandidatur nicht mitgeteilt. Und unabhängig davon, wie die Entscheidung jetzt ausfalle, behalte sie sich vor, sich in sechs Jahren erneut um das Amt des 1. Bürgermeisters zu bewerben. "Keiner weiß, was dann ist, ich auch nicht."

Dr. Werner Winter (Freie Wähler) plädierte dafür, dass die zweitstärkste Fraktion, also die Grünen, den 2. Bürgermeister stellen sollten. Diese Tradition solle man weiter pflegen. Im Übrigen sähen die Freien Wähler, dass Peter Schnell sich seit vielen Jahren politisch für die Bürgerschaft einsetze und dass er die Aufgaben des 2. Bürgermeisters von der zeitlichen Beanspruchung her problemlos bewältigen könnte. Deshalb unterstütze man Schnell.

Die geheime Abstimmung – es wurde von allen eine Wahlkabine benutzt – fiel mit 17 Stimmen für Peter Schnell, fünf für Bianca Bauer und eine für Christoph Mötsch (Grüne) klar aus. Peter Schnell ist damit in Gunzenhausen der erste Vertreter der Ökopartei, der sich Bürgermeister nennen kann.

Kritik von Angela Schmidt

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Nicht viel anders fiel die Wahl des 3. Bürgermeisters aus, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Hier schlug Peter Schnell den Amtsinhaber Friedrich Kolb vor. Diesen charakterisierte er als loyal und vertrauensvoll. Man könne mit ihm kräftig streiten, doch gehe es Kolb immer um die Sache. Das wollte SPD-Fraktionsvorsitzende Angela Schmidt nicht unkommentiert lassen. In Schnells Vorschlag erkannte sie genau die zuvor von Bianca Bauer kritisierte "Hinterzimmerpolitik". Es sei zwischen CSU und Grünen offensichtlich zuvor "alles abgesprochen" worden. Schmidt hält es für richtig, sich an der Größe der Fraktionen zu orientieren. Die zweitstärkste Fraktion solle den 2. und die drittstärkste den 3. Bürgermeister stellen. Und Letzteres solle nun Bianca Bauer zufallen. Doch auch hier zog Bauer mit acht Stimmen gegenüber ihrem Kontrahenten Friedrich Kolb mit 15 Stimmen den Kürzeren.

Die beiden Personalentscheidungen sind vermutlich ganz im Sinne von Karl-Heinz Fitz ausgegangen. Er hatte sich eingangs für zwei Stellvertreter ausgesprochen (was ohne Diskussion einstimmig beschlossen wurde) und dargelegt, was er für wichtig halte. Die stellvertretenden Bürgermeister sollten Erfahrung mitbringen, die Verwaltungsabläufe kennen, gut und vertrauensvoll mit dem 1. Bürgermeister zusammenarbeiten und loyal zu ihm sein. Fitz sprach sich in diesem gegen "politische Ränkespiele" aus. Er wünsche sich, nachdem er seit 2014 vieles selbst gemacht habe, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und eine gewisse Entlastung.

Friedrich Kolb wies nach der Sitzung gegenüber dem Altmühl-Boten den Vorwurf der "Hinterzimmerpolitik" zurück. Man habe im Vorfeld die Lage und mögliche Ambitionen bei den anderen Fraktionen erkundet, was ganz normal sei. Es habe sich dann schnell herausgestellt, dass mit den Grünen eine gemeinsame Linie möglich sei. Ihm selbst komme es darauf an, dass die Stadt künftig keinen 2. Bürgermeister habe, der Ambitionen auf das Spitzenamt habe, unterstrich Kolb.